Weltweite Pflegekräftebefragung: Ein Jahr nach Ausbruch der Pandemie sind die von COVID 19 schwer betroffenen Beschäftigten weiterhin mit Problemen wie Gewalt, Mangel an persönlichen Schutzausrüstungen, niedrige Löhne, Personalunter­besetzung und fehlende

25.03.21

Weltweite Pflegekräftebefragung: Ein Jahr nach Ausbruch der Pandemie sind die von COVID 19 schwer betroffenen Beschäftigten weiterhin mit Problemen wie Gewalt, Mangel an persönlichen Schutzausrüstungen, niedrige Löhne, Personalunter­besetzung und fehlende

In einer neuen, von UNI Global Union heute publizierten Studie werden nach einem Jahr COVID-19-Pandemie ein allgegenwärtiger Fachkräftemangel, Armutslöhne, gezielte Schikanierung und gefährli­che Bedingungen im globalen Gesundheitswesen herausgestellt. Laut UNI ist dies die erste Umfrage, die die Bedingungen von Pflegekräften während der Pandemie weltweit dokumentiert.

Mehr als die Hälfte der von UNI befragten Pflegekräfte erklärte, dass ihnen ihr Lohn keinen ausreichenden Lebensstandard gewährleistet, was bedeutet, dass sie nicht in der Lage sind, Grundbe­dürfnisse wie Wohnraum, Nahrungsmittel und Transport zu sichern. Mehr als 30 Prozent haben weiterhin keinen angemessenen Zugang zu persönlichen Schutzausrüstungen, und dieser Anteil ist in den am stärksten vom Virus betroffenen Ländern sogar noch höher. 65 Prozent der befragten Beschäftigten waren mit dem Tod eines/einer Arbeitskollegen/Arbeitskollegin oder von Patienten konfrontiert und berichteten, dass sie aufgrund von Angst, Stress und anderen Aspekten der psychi­schen Gesundheit, bedingt durch ihre Tätigkeit, keine Unterstützung von ihren Arbeitgebern erhielten.

Die Geschichten und Statistiken im UNI-Bericht mit Daten von rund 3’000 Beschäftigten in 37 Ländern zeichnen das beunruhigende Bild eines defekten globalen Gesundheitssektors, in dem die Beschäftigten und die am stärksten gefährdeten Kunden allzu oft außer Acht gelassen werden.

“Schon viel zu lange haben unsere Gesellschaften die Pflegetätigkeit als ’Frauenarbeit’ degradiert, und in dieser Pandemie treten nun die tragischen Folgen einer mit unzureichenden Mitteln ausgestatteten, unterbewerteten und überlasteten Belegschaft zu Tage”, erklärte UNI Global Union-Generalsekretärin Christy Hoffman. “Wir hören immer wieder, dass die COVID-19-Pandemie alles verändert hat, alles, mit einer Ausnahme: die Art und Weise, wie wir die Pflegekräfte – vor allem in der Langzeitpflege – wertschätzen”.

“Diese Erhebung ist ein Weckruf an die Pflegebranche weltweit. Wenn wir eine hohe Qualität in der Pflege gewährleisten wollen — und wenn der Wiederaufbau nach der Pandemie und die Vermeidung einer weiteren Verbreitung gelingen sollen – müssen wir die Pflegearbeit neu bewerten und die Pflegekräfte respektieren”, betonte sie.

Über 80 Prozent der Pflegekräfte weltweit sind Frauen, und im Bereich der Langzeitpflege sogar 90 Prozent. Die geschlechtsspezifische Natur der Pflegarbeit betrifft alle wichtigen von den Befragten in der Studie angesprochenen Punkte.

Zu den Haupterkenntnissen gehören:

  • 52 Prozent der Befragten erklärten, dass ihnen ihr Lohn nicht erlaubt, Grundbedürfnisse wie Wohnung, Nahrungsmittelversorgung und Transport ausreichend zu sichern. Und noch schlimmer: über 30 Prozent erwähnten, dass sie in Erwartung der Coronatest-Resultate nicht bezahlt werden, und fast 25 Prozent sagten, dass sie im Krankheitsfall keinen bezahlten Genesungsurlaub erhalten.
  • 49 Prozent der Befragten bezeichneten die Personalausstattung als ihre größte Sorge, und drei Viertel erklärten, dass die unzureichende Personalbesetzung ihre Fähigkeit, hochwertige Pflegearbeit zu leisten, beeinträchtige.
  • 31 Prozent haben weiterhin keinen Zugang zu angemessenen persönlichen Schutzaus­rüstungen. Einer der Befragten sagte uns: “Als Mitarbeiter im Gesundheitswesen sollten wir nicht gezwungen sein, um persönliche Schutzausrüstungen zu ringen und zu betteln oder ohne einen solchen Schutz zu arbeiten”.
  • 65 Prozent der befragten Beschäftigten, die mit dem Tod von Arbeitskollegen konfrontiert waren, berichteten, dass sie aufgrund von Angst, Stress und anderen Aspekten der psychischen Gesundheit, bedingt durch ihre Tätigkeit, keine Unterstützung von ihren Arbeitgebern erhielten.

Die Befragten arbeiten mehrheitlich in der Langzeitpflege, in Pflegeheimen oder bei Privaten. UNI veröffentlichte im Februar eine Untersuchung, die zeigte, dass die Berufe in der Langzeitpflege zu den gefährlichsten auf der Welt gehören. Es überrascht nicht, dass die Hälfte der Befragten von der Erkrankung von Arbeitskollegen an COVID-19 sprachen und praktisch jeder Zehnte von diesen erklärte, dass einer/eine ihrer Arbeitskolleg/innen an diesem Virus gestorben ist.

Laut Berechnungen von Amnesty International, IÖD und UNI sind im ersten Jahr der Pandemie mindestens 17’000 Beschäftigte im Gesundheitswesen gestorben.

Abgesehen von den mit dem Virus verbundenen Gefahren erwähnten 14 Prozent der befragten Pflegekräfte Belästigung und Gewalt, denen sie in ihrem Beruf ausgesetzt sind. Eine Befragte aus Österreich sprach von “verbaler Aggression und Androhung von Schlägen” von Seiten Angehöriger von Patienten, und ein anderer von “Beleidigung auf der Strasse und im Supermarkt”.

“Arbeitnehmer weltweit verlangen eine grundlegende Überarbeitung des Gesundheitswesens, um das Leben ins Zentrum der Pflege zu stellen. Das heißt im Klartext: angemessene Entlohnung, sichere Arbeitsplätze, Gewerkschaftsvertretung und die Anhebung globaler Normen”, erklärte Adrian Durtschi, Leiter von UNICARE, in einem Sektor, in dem UNI zwei Millionen Beschäftigte vertritt.

UNI formulierte eine Reihe umfassender Leitlinien, um die notwendigen Veränderungen bei den Gesundheitsversorgungs-Systemen weltweit vorzunehmen. Dazu gehören:

  • Erhöhung der Anlagen im Langzeitpflegesektor, die den Bedürfnissen von Pflegepersonal und Bewohnern in Pflegheimen gerecht werden, und Anreize für Investoren, Arbeitgeber und Regierungen, die strengsten Sicherheitsprotokolle und besten Praktiken zu befolgen.
  • Alle Nationen sollten den Fokus auf eine dringende Verbesserung von Arbeitsbedingungen und Löhnen der Beschäftigten in der Langzeitpflege richten.
  • Gewähr, dass alle Pflegekräfte über angemessene persönliche Schutzausrüstungen verfügen, vor­rangigen Zugang zu COVID-19-Impfstoffen und zu kostenlosen, häufigen COVID-19-Tests haben.
  • Festlegung von Personalbesetzungen, die eine Verbesserung der Pflegequalität und eine Entlastung des Pflegepersonals erlauben.
  • Umsetzung von Maßnahmen zur Prävention von psychischen Risiken bei der Arbeit und für einen unentgeltlichen Zugang zu psychosozialen Diensten.
  • Anerkennung von COVID-19 als Berufskrankheit im Langzeitpflegesektor.
  • Bildung von – bzw. Einsatz von bestehenden – gewerkschaftlichen Arbeitsschutz-Ausschüssen.
  • Und vor allem: Gewährleistung eines Mitspracherechts der Beschäftigten im Entscheidungs­prozess am Arbeitsplatz über Gewerkschaften und Tarifverhandlungen.

UNI Global Union vertritt 20 Millionen Mitglieder in Fach- und Dienstleistungsberufen in 150 Ländern. Ihr UNICARE-Sektor umfasst weltweit 2 Millionen Pflegekräfte im Gesundheitswesen.

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