Europäische Gewerkschaftsführer, die über 12 Millionen Beschäftigte vertreten, unterzeichneten heute ein Schreiben, in dem sie die Europäische Kommission auffordern, “eine Untersuchung über möglicherweise illegale Tätigkeiten von Amazon gegen Beschäftigte dieses Unternehmens in Europa einzuleiten”. Dieser Aufruf folgt auf die kürzlich herausgestellte Bespitzelung von Arbeitnehmern aufgrund ihrer rechtmäßigen Gewerkschaftstätigkeiten in Europa durch den Tech-Giganten.
“Die von Amazon geplante Intensivierung der Arbeitnehmer-Überwachung in Europa und in der ganzen Welt ist ein weiterer Beleg dafür, dass die EU-Einrichtungen die Amazon-Geschäfts- und Arbeitsplatz-Praktiken auf dem ganzen Kontinent genauer untersuchen müssen, da wir vermuten, dass sie gegen die für unsere Bürgerinnen und Bürger in Europa geltenden Arbeitsgesetze, Datenschutzgesetze und Persönlichkeitsrechte verstoßen“, heißt es im Schreiben weiter.
In den letzten Wochen häuften sich die Enthüllungen: das von reichsten Mann der Welt geführte Unternehmen spioniert einige der am schlechtesten bezahlten Arbeitnehmer in der EU aus. Gestützt auf seine Daten-Monopol-Macht führt Amazon den Angriff auf die Rechte der Arbeitnehmer an, um deren Bemühungen zur Verbesserung ihrer Bedingungen zunichte zu machen. Nun verstärkt Amazon seine Spionageaktionen. Diese Missbräuche verlangen sofortiges Handeln”, erklärte UNI Europa-Regionalsekretär Oliver Roethig.
Anlass zu dieser Forderung gibt der Umstand, dass das enorme Wachstum von Amazon, das mit einer weltweit zunehmend aggressive Haltung gegenüber den Gewerkschaften einhergeht, und gleichzeitig auch das geplante neue EU-Gesetz über digitale Dienste, das zahlreiche Aspekte des Amazon-Kerngeschäfts und die digitale Wirtschaft ganz allgemein regulieren wird. Das gesamte Paket ist derzeit Gegenstand von Verhandlungen und wird Inhalt und Benutzer-Moderation sowie neue Wettbewerbsregeln für die so genannten Gatekeeper-Plattformen umfassen. Die Europäische Kommission will ihre Pläne im Dezember 2020 vorlegen.
“Die Tatsache, dass Amazon so weit geht, ihre Mitarbeitenden auszuspähen, um deren Rechte zu untergraben, zeigt, wie tief verwurzelt die antigewerkschaftliche Ideologie dieses Unternehmens ist”, erklärte UNI Global Union-Generalsekretärin Christy Hoffman. “Diese gewerkschaftsfeindlichen Praktiken sind nur die Aspekte, die an die Öffentlichkeit gelangt sind. Wir haben aber auch von der Angst der Beschäftigten gehört, am Arbeitsplatz ihre Stimme zu erheben, und wir haben gesehen, dass Vergeltungsmaßnahmen gegen Gewerkschaftsbefürworter ergriffen werden. Es ist jedoch erfreulich, dass sich Amazon-Angestellte trotz schmutziger Tricks des Unternehmens weltweit für ihre Rechte einsetzen. Wir sind stolz darauf, ihnen dabei zur Seite zu stehen”.
UNI Global Union und ihre Regionalorganisation UNI Europa, die über 20 Millionen Arbeitnehmer in 150 Ländern – darunter 7 Millionen in Europa – vertreten, handeln aus der Verantwortung für angemessene Qualifikationsprogramme, für menschenwürdige Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor und für den Schutz der Arbeitnehmerrechte, einschließlich des Rechts auf Gewerkschaftsvertretung und Tarifverhandlungen.