Öffentliche Anhörung des Deutschen Bundestages bietet Gelegenheit zum Nachdenken

Anlässlich der ersten öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe des Deutschen Bundestages zum Thema Menschenrechte und Sport haben zivilgesellschaftliche Organisationen und Athletenvertretungen wie die Sport & Rights Alliance, dieWorld Players Association, Transparency International Deutschland, Human Rights Watch und andere Organisationen Expertenempfehlungen eingereicht, um die Achtung, den Schutz und die Einhaltung der Menschenrechte in Deutschland voranzubringen.

"Die heutige Anhörung im Bundestag stellt eine wichtige Gelegenheit dar, das Potenzial des Sports als Katalysator für menschliche Entwicklung, Einheit und Freiheit in Deutschland und darüber hinaus zu fördern", sagte Andrea Florence, stellvertretende Direktorin der Sport & Rights Alliance. "Globale Sportverbände widersetzen sich nach wie vor Veränderungen in Bezug auf Governance, Kultur, Vielfalt, Standards und Praktiken - so auch das Internationale Olympische Komitee, das die Verabschiedung einer Menschenrechtsstrategie weiterhin hinauszögert. Deutschland sollte seine diplomatischen Beziehungen nutzen, um sich für eine menschenrechtsbasierte Politik, Governance und Strukturen auch innerhalb des IOC einzusetzen."

In ihrer Erklärung für die Anhörung betonte die Sport & Rights Alliance die Notwendigkeit, dass jede Initiative zu Menschenrechten im Sport auf internationalen Standards basiert und die Bedürfnisse der betroffenen Menschen in den Mittelpunkt stellt - einschließlich Sportlern, Fans, Journalisten, Frauen, Kindern, LGBTIQ+ Menschen, Menschen mit Behinderungen, Arbeitnehmern und allen, die von der Ausübung des Sports betroffen sind. In der Erklärung wird außerdem gefordert, dass der Ausschuss von Anfang an einen sinnvollen Dialog mit verschiedenen Interessengruppen führt, um sicherzustellen, dass die Zivilgesellschaft, Gewerkschaften, betroffene Gruppen und ihre Vertreter in alle Entscheidungsprozesse einbezogen werden.

"Die Regierung sollte sich nicht nur darauf konzentrieren, die UEFA EURO 2024 in Deutschland zu einem globalen Pilotprojekt für Nachhaltigkeit und Menschenrechte bei einem Mega-Sportereignis zu machen, sondern auch menschenrechtliche Kriterien und Anforderungen in die öffentliche Sportförderung aufzunehmen", sagte Sylvia Schenk, ehemalige Olympionikin und Sportexpertin von Transparency International Deutschland. "Dies ist ein wichtiger Schritt, um sicherzustellen, dass Deutschland seinen Teil zum Schutz und zur Förderung der Menschenrechte im Sport beiträgt."

Die Vertreter der Zivilgesellschaft empfahlen dem Ausschuss, sich auch auf die Entwicklung einer kontinuierlichen Menschenrechtsüberwachung und Datenerfassung sowie auf Systeme für wirksame Rechtsbehelfe für Personen zu konzentrieren, die in ihren Rechten verletzt wurden. Die Gruppe hob das Engagement Deutschlands für den Aufbau eines Zentrums für sicheren Sport hervor und forderte sportartspezifische, unabhängige Beschwerdemechanismen, die auf Überlebende ausgerichtet sind, über Traumata informiert sind und über ausreichende Mittel verfügen.

"Führende globale Institutionen sind sich einig, dass die Menschenrechte von Sportlern im Einklang mit internationalen Menschenrechtsstandards geschützt werden müssen", sagte Florian Yelin, Leiter der Abteilung Politik und Forschung bei der World Players Association, einem Kernpartner der Sport & Rights Alliance und Miteinreicher der deutschen Anhörung zu Sport und Menschenrechten. "Die Umsetzung auf nationaler Ebene ist jedoch viel zu langsam erfolgt. Dies ist eine Gelegenheit für Deutschland, mit gutem Beispiel voranzugehen und die Rechte von Athleten in einer Zeit der großen Krise angesichts weit verbreiteter Skandale um Missbrauch und andere Formen der Ausbeutung von Athleten zu schützen."

Human Rights Watch betonte auch die Bedeutung der Rolle Deutschlands an diesem Wendepunkt für die Menschenrechte und wies darauf hin, dass die Sportverbände sich nicht freiwillig reformieren werden, ohne starken Druck seitens der politischen und gewählten Führer, die die Finanzen kontrollieren.

"Nach den vermeidbaren Menschenrechtskatastrophen bei den Olympischen Spielen in Sotschi, der Fußballweltmeisterschaft in Russland, den Olympischen Winterspielen in Peking und der Fußballweltmeisterschaft in Katar sollte Deutschland einen Schritt nach vorne machen und die Finanzierung an Transparenz und die Verabschiedung und Umsetzung von Menschenrechtsmaßnahmen knüpfen", sagte Wenzel Michalski, Deutschland-Direktor bei Human Rights Watch. "Wenn der Sport eine Kraft für das Gute sein will, braucht er Führungspersönlichkeiten wie die des Deutschen Bundestages, die die Initiative ergreifen und ihren politischen und finanziellen Einfluss nutzen, um sicherzustellen, dass die richtigen Maßnahmen und Systeme eingeführt werden."

Lesen Sie hier die vollständige Stellungnahme der Sport & Rights Alliance zur Anhörung.